„Buntheim“
Zwischennutzung zur Kunstform erhoben Urban Art, Streetart und Graffiti prägen
das Gesamtkunstwerk „Buntheim“ auf den ersten Blick.
Doch die farbenfrohe Fassadenmalerei ist nur ein – freilich gewichtiger –
Bestandteil einer soziokulturellen, kreativen „Zwischennutzung“ der vorübergehend
leerstehenden Gebäude am Alois-Harbeck-Platz. Dieser trägt während seiner
tiefgreifenden Umplanung den Namen „Buntheim“ und stand am 31. Juli 2021 in der
Reihe „Puchheimer Spaziergänge“ im Mittelpunkt.
Die limitierte Teilnehmerschar war schwer beeindruckt von dem außergewöhnlichen
Projekt, das die beiden „Buntheim“-Kuratoren und mitwirkenden Künstler Melander
Lando Holzapfel aus Puchheim und Matt Wiegele aus Pasing im Dialog mit
Puchheims Erstem Bürgermeister Norbert Seidl vorstellten.
Dritter im Bunde des Kuratoren-Teams und ausführender Künstler ist Loomit
(eigentlich Mathias Köhler) aus der Nachbargemeinde Eichenau – lebende GraffitiLegende, spätestens seit dem 1985 großflächig besprühten Geltendorfer S-Bahn-Zug.
Am Alois-Harbeck-Platz in Puchheim-Bahnhof prangen seine großen, comicartigen
Wandbilder oft mehrere Meter hoch über dem Erdboden und sind nicht mit
Spraydosen, sondern mit herkömmlichen Malfarben und Walzen an langen
Führungsstangen aufgetragen worden. Seine Bandbreite von der illegalen Subkultur
bis zur legalen und nachhaltigen Auftragsmalerei ist also breit gefächert. Sein
„Kollege“ Lando betreibt seit dem Jahr 2000 sein Studio „Funky Fresh Graffiti
Artwork“ in Puchheim-Ort. Kostproben seiner „Kunst aus der Dose“, die seit 14 Jahren
durch professionelle Auftragsarbeiten deutschlandweit verbreitet ist, gibt es ebenfalls
in „Buntheim“ zu bestaunen. Seine Anfänge als Graffitimaler reichen bis in das Jahr
1987 zurück und wurden damals noch als „Sachbeschädigung“ geahndet.
Die Graffiti und Wandmalereien überziehen auch geschlossene Jalousien vor
Fenstern und Türen, Balkonbrüstungen und Flachdachränder. Die gläserne, filigran
bemalte Schiebetür eines ehemaligen Geschäftsraumes harmoniert umrissgenau mit
dem Wandbild daneben, sobald die Glastür darüber geschoben wird. Weder draußen
noch drinnen herrschen Anarchie und Chaos, alles in „Buntheim“ wirkt ästhetisch
zusammen und erhebt sich zur Kunstform: Urban Art vom Feinsten!
In München geboren und aufgewachsen, entdeckte Matt Wiegele mit dem Skateboard
die Stadt und ihre Subkultur. Er ist studierter Erziehungswissenschaftler. Als freier
Künstler beschäftigt er sich mit Objektkunst und Installationen. Hinter den ehemaligen
Schaufenstern am Alois-Harbeck-Platz gestaltet er wechselnde Licht- und
Projektionsräume, spielt und experimentiert mit Raum und Wahrnehmung. Auf seiner
mobilen Siebdruckanlage, die er in „Buntheim“ aufgebaut hat, leitet er in Workshops
Jugendliche ab zwölf Jahren zum Siebdruck auf T-Shirts und Stofftaschen an. Loomit
gibt Workshops in „Urban Sketching“ (Zeichnen städtischer Motive vor Ort) und Lando
zeigt den Jugendlichen das „Taggen“, die Urform der Graffiti.
Anbieter der Workshops sind das Quartiersmanagement „Planie
Stadtteilzentrum“ unter der Leitung von Mehmet Ismail Birinci sowie der
Kinderschutzbund Kreisverband Fürstenfeldbruck. Birinci kennt sich auch in der
Künstlerszene gut aus und hat neben Loomit, Lando und Matt eine Reihe weiterer
Künstler, unter ihnen auch junge Talente, für das „Buntheim“-Projekt gewonnen.
Aveen Khorschied unterstützt ihn bei der Organisation.
Birinci und Lando dankten dem Familienunternehmen Dr. Harbeck & Stieber
Immobilien, dem die Liegenschaften gehören, für die gewährte Chance, die
leerstehenden Gebäude kreativ bespielen zu dürfen. Während der ehemalige
Stadtarchivar Werner Dreher eingangs am Steinbrunnen die Geschichte des AloisHarbeck-Platzes beleuchtete, stellte Erster Bürgermeister Seidl anhand eines Modells
das zukünftige Erscheinungsbild des Platzes vor. Heute schon bildet „Buntheim“ eine
tragfähige Brücke auf Puchheims Weg in eine von kreativem und sozialem
Miteinander geprägte Zukunft.
Pressemitteilung Stadt Puchheim, Ursula Sesterhenn.